Soziales Sozialverein und Bürgerverein Dauchingen sehen die Arbeit der Nachbarschaftshelfer durch die so genannte Unterstützungsangebotsverordnung gefährdet. Dem Abgeordneten Karl Rombach klagten sie ihr Leid.
Steht das Angebot der ehrenamtlichen Nachbarschaftshelfer und Alltagsbegleiter vor dem Aus? Eine Verordnung, die Anfang des Jahres in Kraft getreten ist – die so genannte Unterstützungsangebotsverordnung – könnte genau das zur Folge haben, fürchten der Bürgerverein „Lebenskreis Dauchingen“, der Sozialverein Dauchingen, die katholische Sozialstation Villingen-Schwenningen und auch die bürgerliche Gemeinde Dauchingen. Sie wandten sich in einem Offenen Brief an Sozialminister Manne Lucha (siehe Kasten). In diesen Tagen trafen sie sich im Besprechungsraum der Wohnanlage „Löwen“ mit dem Landtagsabgeordneten Karl Rombach und klagten ihm ihr Leid.
Bisher konnten sich Seniorinnen und Senioren pro Monat bis zu 125 Euro für die Arbeit einer Alltagsbegleiterin von der Pflegekasse zurückerstatten lassen, erklärt Barbara Lamers, Organisatorin des Betreuten Wohnens zu Hause. Voraussetzung war nur eine Pflegestufe. Nach der neuen Verordnung gehe das nun nicht mehr. Diese fordert, dass die ehrenamtlichen Helfer ihre Qualifikation durch einen 30-stündigen Grundkurs und jährliche Fortbildungen nachweisen müssen. Können sie das nicht, bekommen die Betreuten für die Tätigkeit der Alltagsbegleiter keine Unterstützung von der Pflegekasse mehr. Gegenwärtig koordiniert Barbara Lamers nach eigenen Angaben die Arbeit von zwölf Alltagsbegleitern. „Manche Menschen haben nur eine kleine Rente und können sich das Angebot dann nicht mehr leisten“, gibt sie zu bedenken.
Laut Günther Reinelt, Mitbegründer des Bürgervereins Dauchigen, sei auch noch gar nicht geklärt, wer denn die bei den verlangten Kursen anfallenden Kosten bezahle. Müsse dies am Ende der Ehrenamtliche selber bezahlen, um nach der Schulung wieder genau die Tätigkeit ausüben zu dürfen, die er schon vor der Schulung ausgeübt hat? Oder müssten dies die Vereine bezahlen, die die Nachbarschaftshilfe anbieten?
Elfrun Reinelt, Vorsitzende des Sozialvereins Dauchingen fügt hinzu, dass es sich bei den Alltagshelfern um keine Pflegekräfte handle. „Es sind Leute, die im Haushalt helfen.“ Es sei das Angebot für eine Alltagshilfe gegen ein kleines Entgelt, so Dauchingens Bürgermeister Torben Dorn ergänzend. Die Kritik an der Verordnung bedeutet nicht, dass man ungeschultes Personal in der Pflege wolle.
Die neuen Regeln zielten nach seiner Meinung darauf ab, „diese Art Nachbarschaftshilfe zu untersagen!“ formuliert Hermann Schmutte, Kassierer des Bürgervereins scharf. „Die Verordnung vermischt Pflege und Versorgung“, kritisiert er. Vieles, das in den Schulungen vermittelt werden solle, gehe in Richtung Pflege. Genannt sind in der Verordnung zum Beispiel „Basiswissen über Krankheitsbilder und Behinderungsarten“, „Wahrnehmung des sozialen Umfelds und der psychologischen Situation der zu betreuenden Menschen“ oder „Umgang mit den Pflegebedürftigen, insbesondere Handlungskompetenzen in Bezug auf das Einfühlen in die Erlebniswelt und im Umgang mit Verhaltensauffälligkeiten wie Aggressionen und Widerständen sowie Umgang mit akuten Krisen und Notfallsituationen“. (Gesetzblatt für Baden-Württemberg vom 8. Februar 2017)
Folgen sind höhere Kosten
Die Folgen der neuen Verordnung seien letztlich höhere Kosten für die Gesellschaft, kommt in der Besprechung mehrere Male zur Sprache. Bürgermeister Torben Dorn: „Wenn die Kosten für ehrenamtliche Alltagshelfer nicht mehr erstattet werden, nehmen die Leute eine Profikraft, die für die Pflegekasse dann aber teurer wird,“ „…und der Arbeitsmarkt gibt diese zusätzliche Pflegekraft überhaupt nicht her“, fügt Wilfried Keller, Vorsitzender des Bürgervereins, bitter hinzu.
Ein Ziel der Alltagshelfer sei, dafür zu sorgen, dass die Menschen möglichst lange in ihrer eigenen Wohnung bleiben können, so Barbara Lamers. „Es geht uns ein Stück Menschlichkeit verloren!“ gibt Ursula Kraußer, Gründungsmitglied des Bürgervereins und Beirat im Bürgerverein, eine mögliche Folge der Verordnung zu bedenken.
„Ich danke Ihnen, dass Sie mich auf das Thema hingewiesen haben“, sagt der CDU-Landtagsabgeordnete Karl Rombach. Der Offene Brief sei bei Sozialminister Manne Lucha an der richtigen Adresse. Die Feststellung, dass in der Verordnung Alltagsunterstützung und Pflege vermischt werde, sei ein guter Ansatz, um eine Abhilfe schaffen zu können. „Das muss man fachlich trennen.“ Nachdem jetzt Erfahrungen mit der Verordnung vorliegen, müsse die Politik nun in der Lage sein, „sowas zu korrigieren“, so Rombach. Auf Nachfrage erläutert der Dauchinger Verwaltungschef Torben Dorn, dass das Sozialministerium eine solche Verordnung ändern könne. „Hier wird ehrenamtliches Engagement mit Füßen getreten“, räumt Rombach ein und kritisiert damit zugleich das in Stuttgart vom grünen Koalitionspartner geführte Sozialministerium. Auch der gesellschaftliche Zusammenhalt werde durch solche Verordnungen und Reglementierungen gefährdet.
Zu den gewünschten Kursen für die Nachbarschaftshelfer und Alltagsbegleiter werde man von der Fachstelle für Unterstützungsangebote im Landratsamt Schwarzwald-Baar beraten, erklärt Hermann Schmutte. „Da gibt es eine große Palette an Möglichkeiten. Die richtigen Schulungen muss man sich dann rauspicken.“ Empfehlen dürfe die Fachstelle keine Schulung, da sie zur Neutralität verpflichtet sei. Das Landratsamt müsse eine solche Schulung nach ihrem Abschluss dann anerkennen.
Im Dienst der Menschen arbeiten der Bürgerverein „Lebenskreis Dauchingen“ und der Sozialverein schon lange zusammen, so Bürgermeister Torben Dorn. Der Bürgerverein Dauchingen vermittelt zum Beispiel Alltagsbegleiter. Der Sozialverein unterstützt aus den Mitgliedsbeiträgen unter anderem die katholische Sozialstation bei ihren pflegerischen Aufgaben in Dauchingen. ?ez
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